06.04.2022 — Aktuelles, Nachberichte, Pressemitteilung

Nachbericht Webinar-Reihe LEDER

­­­Echt Leder – immer noch begehrter Werkstoff oder nicht mehr zeitgemäßes Produkt?

In der dreiteiligen DTB-Webinar-Reihe zum Thema „Leder“ gab Referent Dr. Gerhard Nickolaus spannende Einblicke in den langen Weg des Leders vom Tier bis zum fertigen Produkt im internationalen Handel: Von den technischen Grundkenntnissen über die Gerbung der Häute bis hin zu den vielfältigen Argumenten in der Diskussion um die Nachhaltigkeit von Leder wurden die interessierten Teilnehmer in fünf Stunden auf den aktuellen Stand gebracht.

 

Von der Kuh zum Schuh

Leder als Werkstoff ist so alt wie die Menschheit und mit seinen Eigenschaften ein besonderes Produkt: Die empfindliche Rohware bzw. Rohhaut kommt von Individuen und ist prinzipiell nicht einheitlich. Von Haut zu Haut bestehen Unterschiede in Bezug auf Zug-Dehnungsverhalten, Reißfestigkeit, Fettgehalt und Narbenbild, ebenso unterscheidet sich die Qualität der Rohware nach Alter und Rasse des Tieres, aber auch nach der Herkunftsregion oder der Art der Schlachtung und des Transports.

Dies macht die Bearbeitung des Leders schwer standardisierbar und auch die gewünschte Art der Leder-Endprodukte führt hier zu Herausforderungen. Dr. Nickolaus führte im ersten Webinar aus, welche Grundkenntnisse für die Lederherstellung und -verarbeitung notwendig sind.

Die Häute kommen vom Züchter zum Schlachter, gehen über Händler weiter an die Transporteure, die die Rohware an den Gerber und danach zur weiteren Verarbeitung liefern. Schon die ersten Schritte müssen fachgerecht ausgeführt werden, um die temperaturempfindlichen Häute nicht für die Lederherstellung ungeeignet zu machen. Häuteschäden entstehen häufig durch zu hohe Temperaturen und falsche oder zu lange Lagerung ohne Konservierung. Da die Rohware Haut überwiegend aus Eiweiß/Protein besteht, ist sie verderblich.

Gerbung stoppt den natürlichen Verwesungsprozess, indem sie das Kollagen der Tierhaut für Bakterien schwerer angreifbar macht und verhindert, dass Leder bei der Trocknung hart werden. Die traditionelle Gerbung mit Eichenrinde wurde durch die industrielle Chromgerbung abgelöst. Sie dauert nur wenige Stunden und liefert hochwertige und gleichmäßige Lederqualität, die für die industrielle Weiterverarbeitung geeignet ist.

Sie interessieren sich für weitere Informationen zu den einzelnen Schritte der Gerbung? Wir vermitteln gerne den Kontakt zu Dr. Gerhard Nickolaus – schreiben Sie uns an: info@dialog-dtb.de

 

Gerbung – Chancen und Risiken

In den 80er Jahren wandelte sich die Sichtweise auf die abwasserintensive Gerbereitechnologie. Die Abwasserbelastungen bestanden überwiegend aus Färbung und Trübung des Abwassers, es traten aber auch Geruchsbelästigungen und Schwefelverbindungen auf. Mit der Chromgerbung wurden Chromsalze im Abwasser  festgestellt. Chromverbindungen können durch Umgebungseinflüsse ihre chemischen und toxikologischen Eigenschaften ändern und Allergien auslösen.

Das Risiko der Entstehung von giftigem CrVI in Lederprodukten kann durch Zugabe reduktiver Hilfsmittel, Nachgerbung und der Auswahl verwendeter Fette vermindert werden. Unumgänglich, auch im Hinblick auf das in Kraft tretende Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) sind hierbei Schulungen des Gerbereipersonals und eine Dokumentation aller Prozessschritte. Ausführlich stellte Dr. Nickolaus im zweiten Webinar seine 10 Golden Rules zur Risikominimierung vor.  

Free of Chrome Leather (FOC-Leder) wird auch vom Verbraucher gefordert und kann durch mineralische Gerbung (Aluminium), vegetabile Gerbung, synthetische Gerbung oder Fettgerbung erreicht werden. Viele dieser Varianten sind derzeit allerdings noch keine echte Alternative für die industrielle Verarbeitung. Die gäbe es womöglich mit neuen Materialien im Lederlook: Kunstleder und vegane Leder haben einen niedrigen Preis, geringeres Gewicht und eine gut zu überwachende Lieferkette. Doch sie sind rechtlich umstritten, weil irreführend und sie sind einfach nicht „Echt Leder“.

 

Nachhaltigkeit von Naturprodukten

Leder gilt als Naturprodukt und ist damit beim Verbraucher auch hinsichtlich Nachhaltigkeit positiv besetzt. Doch die Lederherstellung ist untrennbar mit der Tierzucht und dem Fleischkonsum verbunden und damit verstärkt auch in die Diskussion geraten. Massentierhaltung und enorme Bodenbelastung durch Tierherden, dazu der Methanausstoß der Rinder und vielfältig schlechte Transportbedingungen sind hier nur einige Punkte. Hinzu kommt der hohe Wasserverbrauch bei der Verarbeitung und der Gerbprozess. Diese Kritikpunkte lassen sich mit der heutigen Gerb-Technologie leicht ausräumen: Verantwortungsbewusste Hersteller können technisch versierte Gerbereien wählen und damit unbelastete, aber teurere Leder in den Handel bringen.

In Bezug auf den Tierschutz ist das problematischer: Nachhaltige Ledererzeugung ist demnach nur möglich, wenn auch nachhaltige Tierhaltung möglich ist. Dennoch muss man feststellen, solange Fleischkonsum besteht, „wachsen“ Häute nach und es ist dahingehend sinnvoll und nachhaltig, diese Nebenprodukte über alle Elemente der Lieferkette ressourcenschonend zu veredeln.

Welche Elemente für das Supply Chain Management vor allem in Bezug auf das kommende Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) wichtig sind, führte Dr. Nickolaus in unserem dritten Webinar konkret aus. Sie wollen dazu mehr wissen? Dann melden Sie sich bei uns – wir stellen gerne den Kontakt zu Dr. Gerhard Nickolaus her.

 

 

Zahlreiche Veranstaltungen im Rahmen der DTB-Nachhaltigkeitsoffensive

Die Nachhaltigkeitsoffensive des DTB – Dialog Textil-Bekleidung e.V. geht bereits im April mit zahlreichen Webinaren weiter:

 

Am 25.04.2022 startet unsere Webinar-Reihe Basisschulung Chemikalien mit einem Webinar zum Thema Farbstoffe: Azofarbstoffe und Dispersionsfarbstoffe. Weitere Webinare sind in Planung.

Basisschulung Chemikalien Teil 1

 

Im Arbeitskreis Kleiderbügel und Kleiderbügelstandard wird am 26.04.2022 unter der Leitung von Jan Hilger und Susanne Pass (Geschäftsführerin DTB) werden die Themen Mehrwegbügel, Kleiderbügel-Recycling und die Möglichkeiten des Einsatzes innovativer Materialien diskutiert.

Kleiderbügel und Kleiderbügelstandard

 

Der erfolgreiche DTB-Zertifikatskurs Nachhaltigkeitsmanagement in Zusammenarbeit mit der htw_saar und CSI Ltd. beginnt erneut am 26.04.2022.

Zertifikatslehrgang Nachhaltigkeitsmanagement

 

Ebenfalls Ende April, am 28.04.2022 laden wir Sie ein zu unserem Webinar Design und Nachhaltigkeit – weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie jederzeit auf unserer Website www.dialog-dtb.de. Auf unserer Website finden Sie auch die Jahresübersicht über alle aktuell geplanten DTB-Termine. Diese Übersicht wird laufend aktualisiert.

Design und Nachhaltigkeit

 

Bei Fragen sind wir gern persönlich für Sie da via Email an info@dialog-dtb.de oder telefonisch unter 089 – 9013 9631.

 

 


Der DTB – Dialog Textil-Bekleidung ist das Wissensnetzwerk der Textilbranche und mit seiner fachlichen Expertise der Nummer 1-Ansprechpartner für alle Fragen entlang der textilen Kette. Im DTB sind aktuell mehr als 230 Mitgliedsfirmen organisiert. Das Hauptaugenmerk des DTB-Netzwerks liegt auf den Kernkompetenzen Qualitätsmanagement, Produktentwicklung, Nachhaltigkeit, Sourcing, Digitalisierung und Fortbildung. Mit zahlreichen Webinaren zu tagesaktuellen Themen ermöglicht der DTB regelmäßige Fortbildungen für seine Mitglieder und alle Interessierten.


Unsere Pressemitteilung zum Thema finden Sie hier zum Download: PressemitteilungDTB_Webinarreihe LEDER_06042022